Klimaresiliente Landwirtschaft: Was haben Komposte aus Biogut/Grüngut und Zwischenfrüchte gemeinsam?
Am 13.05.2025 fand im Schloss Rauischholzhausen bei Marburg eine gemeinsame Fachinformationsveranstaltung des NÖK Hessen und des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) statt, die sich umfassend dem Thema der klimaresilienten Landwirtschaft widmete.

Das Wetter- und Klimalexikon des Deutschen Wetterdienstes definiert Klimaresilienz als „die Fähigkeit sozial-ökologischer Systeme, Auswirkungen und Belastungen des Klimawandels abzumildern und sich von ihnen zu erholen, während sie ihre Strukturen und Mittel für ein Leben angesichts langfristiger Veränderungen und Unsicherheiten positiv anpassen und transformieren.“ Die Belastungen des Klimawandels für das System Landwirtschaft sind zunehmende Wetterextreme in Form von langanhaltenden Phasen von Trockenheit einerseits und Extremniederschlägen andererseits. Eine Landwirtschaft, die diese Belastungen abmildern kann, benötigt lebendige, fruchtbare, humusreiche, gut strukturierte Böden, die einerseits Wasser über einen langen Zeitraum speichern und den Pflanzen zur Verfügung stellen können sowie andererseits ein hohes Infiltrationsvermögen für Niederschlagswasser aufweisen.
Um die Mittel und Strukturen zur Anpassung und Transformation des Systems Landwirtschaft ging es in den sechs Vorträgen, dem Praxisgespräch und den beiden Exkursionen der Fachinfoveranstaltungen. Dabei floss geballtes Wissen aus mehreren hessischen Forschungsprojekten, aus der landwirtschaftlichen Beratung sowie aus der Praxis zusammen. Einige Fragen, die dabei im Raum standen, waren:
- Wie sieht es mit der Qualität von Biogut- und Grüngutkomposten aus und wie werden sie pflanzenbaulich sinnvoll sowie im Rahmen der Düngeverordnung rechtsicher angewendet?
- Wie funktioniert der Zwischenfruchtanbau in der Praxis am besten und was geschieht mit dem Stickstoff, der dadurch in den Boden gebracht wird?
- Welche ganzheitlichen Strategien lassen sich im Ackerbau verfolgen, um landwirtschaftliche Böden resilienter zu machen und wie lassen sich die Effekte langfristig sicherstellen?
- Und ganz wichtig: Was sagt die Praxis dazu und was macht sie daraus?
Insgesamt fanden sich rund 50 Personen im Schloss Rauischholzhausen ein, um diesen spannenden Fragen auf den Grund zu gehen: Landwirtinnen und Landwirte sowohl von ökologischen als auch von konventionellen Betrieben, landwirtschaftliche Beraterinnen und Berater, Betreiber von Kompostierungsanlagen sowie Vertreterinnen und Vertreter von Landwirtschaftsämtern, von Wasserverbänden, von Ingenieurbüros, von Forschungsinstitutionen.
Lisa Fröhlich vom LLH und Felix Richter vom Witzenhausen Institut führten gemeinsam durch Veranstaltung.

Zum Auftakt der Veranstaltung gab Ralf Gottschall vom NÖK Hessen in seinem Vortrag einen guten Überblick zu den die Eigenschaften von Biogut- und Grüngutkomposten im Hinblick auf Nährstoffversorgung und Humusaufbau, zur stetigen Qualitätsverbesserung der Komposte sowie zu ihrem Potenzial für den Ökolandbau.
Im zweiten Vortrag erläuterte Sandra Höbel vom LLH zunächst die rechtlichen Grundlagen der Anwendung von Komposten und anderen organischen Düngern mit dem Hinweis auf den aktuellen Leitfaden zu diesem Thema. Anschließend stellte sie anschaulich dar, wie Komposte aus pflanzenbaulicher Sicht am besten in die Fruchtfolge eines landwirtschaftlichen Betriebs integriert werden können.

Als dritter Referent berichtete Stephan Junge von der Interessensgemeinschaft gesunder Boden e. V. von verschiedenen Versuchen, die er im Rahmen seiner Promotion an der Universität Kassel durchführt und wie die dort erprobten regenerativen Ackerbaustrategien der Förderung lebendiger, gesunder und resilienter Böden dienen. Die Ergebnisse zeigen, dass durch reduzierte Bodenbearbeitung, Zwischenfrüchte und Kompostgaben die Wasserhaltekapazität und biologische Aktivität im Boden gestärkt werden können – zentrale Faktoren für klimaresiliente Systeme. Es folgte eine Kaffeepause, in der die angeregten Diskussionen aus dem Vortragssaal bei strahlendem Sonnenschein im Schlosspark fortgesetzt wurden.

Zum Auftakt des zweiten Vortragsblocks referierte Martin Trieschmann von der Naturland-Beratung über seine Erfahrungen zum Zwischenfruchtanbau in der Praxis und den damit verbundenen Möglichkeiten zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit.
Dem wichtigen Themenfeld Zwischenfruchtanbau widmete sich auch Prof. Miriam Athmann von der Universität Kassel, die Ergebnisse aus dem Praxisforschungsnetzwerk Hessen (PFN) zum Zwischenfruchtumbruch und den Auswirkungen auf die N-Versorgung der Folgekulturen präsentierte.
Frau Prof. Athmann übernahm auch den letzten Vortrag des Vormittags, bei dem sie den umfassenden Versuchsaufbau des ökologischen Langzeitversuchs (ÖLAF) der Universität Kassel auf der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen schilderte und erste wichtige Ergebnisse in Bezug auf die Bodenfruchtbarkeit vorstellte.

Die Studien zeigen, dass auch ohne tierische Düngung eine stabile Bodenfruchtbarkeit durch gezielte Fruchtfolge, Zwischenfrüchte und Kompostgaben erreicht werden kann.

Nach dem anschließenden Mittagessen stellte Helena Knaus vom LLH kurz das Projekt der 100 nachhaltigen Bauernhöfe vor und führte dann ein Praxisgespräch mit dem Betriebsleiter eines der 100 nachhaltigen Bauernhöfe, Rico Platzdasch vom Quellwiesenhof aus Wildeck-Raßdorf im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. In diesem Praxisgespräch schilderte Rico Platzdasch unter dem Titel „Der Blick in den Boden – wichtiger denn je!“ die Anwendung der Turiel-Dammkultur in seinem Betrieb.
Diese Anbaumethode basiert auf der Anlage von Dämmen, die eine bessere Durchlüftung, Wasserrückhalt und Förderung des Bodenlebens ermöglichen soll. Platzdasch zeigte auf, wie diese Methode insbesondere in Zeiten zunehmender Wetterextreme stabile Erträge unterstützen kann.
Im Anschluss an die darauffolgende rege Abschlussdiskussion teilten sich die Teilnehmenden in zwei Exkursionsgruppen auf und fuhren entweder zur Kompostierungsanlage Cyriaxweimar der Marburger Entsorgungs-GmbH oder zum Naturlandbetrieb Hof Eselsmühle. Bei der Kompostierungsanlage erläuterte Betriebsleiter Sven Bratek anschaulich den Weg des Bioguts bis zum fertigen, qualitativ hochwertigen Kompost. Felix Hoffarth, Betriebsleiter von Hof Eselsmühle berichtete über seine langjährigen Erfahrungen mit dem Komposteinsatz, von dessen positiver Wirkung sich die Teilnehmenden bei einer Spatendiagnose selbst überzeugen konnten.

Die Veranstaltung bot eine fundierte Mischung aus wissenschaftlichem Input, praktischen Erfahrungen und interaktivem Austausch – ein weiterer Beitrag zur Weiterentwicklung klimaresilienter Landwirtschaft in Hessen.
Die Vorträge zum Anschauen und Downloaden:
R. Gottschall, ISA – Ingenieurbüro für Sekundärrohstoffe | Biogut- und Grüngutkomposte zum Humusaufbau und zur Nährstoffversorgung: Qualität, Eignung und Klimarelevanz |
S. Höbel, LLH | Anwendung von Komposten und anderen organischen Düngern aus pflanzenbaulicher und düngerechtlicher Sicht |
Stephan Junge, IG gesunder Boden | Förderung lebendiger, gesunder und resilienter Böden durch regenerative Ackerbaustrategien |
Martin Trieschmann, Naturland-Beratung | Zwischenfruchtanbau in der Praxis |
Prof. Miriam Athmann, Universität Kassel | Praxisforschung: Zwischenfruchtumbruch und Auswirkungen auf die N-Versorgung der Folgekulturen |
Prof. Miriam Athmann, Universität Kassel | Bodenfruchtbarkeit in viehlosen Betriebssystemen – Langzeitversuch der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen |
Übrigens: Weitere interessante Artikel und Vorträge rund um Kompost, Kompostqualität, Komposteignung und Gütesicherung finden Sie in unter Medien und auf der Seite der Öko-Feldtage 2023. Viel Spaß beim Stöbern.